“Seht ihr, meine Lektionen sind … improvisiert, aber sie sind mit einer Methode improvisiert.
Das ist eine lustige Sache. … Es ist die ganze Zeit Improvisation, aber es steckt eine Methode darin, deshalb ist es Jazz. …
Es ist das Spielen von Musik basierend auf bestimmten Noten, es ist das Variieren eines Themas, und deshalb ist es echtes Lernen. Es ist eine gelebte Sache.”
Moshé Feldenkrais, 1975 San Francisco Training Transcript, Seite 155 (Englisch)
Wie können wir die Entwicklung von Kindern, insbesondere von solchen mit besonderen Bedürfnissen fördern? Deren Bewegungslernen, aber auch das von Sportlern, Künstlern sowie von Menschen mit Schmerzen, neurologischen Krankheiten oder Einschränkungen? Um leicht neue, einfachere, bessere Bewegungsmuster zu finden und alte Gewohnheiten hinter uns zu lassen bei Bedarf? Wie unterstützen wir persönliches Wachstum, um zu dem Menschen zu werden, den wir in unserem Kern sind?
Moshé Feldenkrais (1904 – 1984) kreierte eine Vielzahl an Bewegungslektionen für Gruppen (heute offiziell: „Bewusstheit durch Bewegung“) und gab Privatlektionen für Kinder mit Behinderungen und für Erwachsene („Funktionale Integration“).
Alle diese Lektionen beruhen auf methodischem Vorgehen, der Anwendung von wissenschaftlichen Erkenntnissen rund um Bewegungsorganisation, Biomechanik, Physik, die menschliche Psyche und der Frage, wie wir zu dem werden, was wir sind.
Die Feldenkrais Methode basiert nicht auf der linearen Vermittlung von Rezepten – wenn…, dann… – sondern auf einer Vielzahl von Puzzleteilen. Meist werden mehrere in Kombination angewendet. Die Auswahl wird je nach Gegebenheit individuell getroffen, weil einige für die vorliegende Ausgangslage elementarer sein können als andere.
Daraus folgt, dass das Vorgehen mit der Feldenkrais Methode immer doppelt subjektiv ist: Abhängig von der Situation in der sich ein Mensch (Klient/Klientin) aktuell befindet und abhängig von Erfahrung und Expertise in non-verbaler Kommunikation des Feldenkrais Praktizierenden (Fachperson).
Dies macht es enorm schwierig, die Wirksamkeit der Feldenkrais Methode wissenschaftlich nachzuweisen.
Andererseits: muss die Wirksamkeit einer Methode, welche aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zur Anwendung bringt, von Neuem wissenschaftlich nachgewiesen werden?
Gemäss Karl Poppers Idee der Falsifizierung kann man dies bejahen. Doch da ja nicht nur eine Theorie falsifiziert werden müsste, sondern ein ganzes Netz von ineinandergreifenden Theorien oder eben Puzzleteilen, mit denen je nach Situation improvisiert wird, ist dieses Unterfangen sehr schwierig, wenn nicht unmöglich.
Seit Moshé Feldenkrais‘ ersten schriftlichen Ausformulierungen seiner Methode Ende 1940er Jahre bestätigen neue wissenschaftliche Erkenntnisse zur Neuroplastizität und neue Theorien zu motorischem Lernen immer wieder, was in der Feldenkrais Methode seit Jahrzehnten angewendet wird. Auch die Praxiserfolge sprechen für sich.
Wissenschaftlicher Nachweis verlangt nach objektiven Rastern. Doch subjektive Kompetenzen und individuelle Lebenssituationen verunmöglichen diese Objektivierung. Zwischen dem wissenschaftlichen Anspruch auf Nachweis der Wirksamkeit der Feldenkrais Methode und der Realität des Lebens entsteht ein Graben, der sich kaum schliessen lässt.
Die Erfahrung unserer alltäglichen Realität im Sinne der Phänomenologie bleibt somit – in meinen Augen – die einzig befriedigende Referenz, um die Wirksamkeit, welche somit immer subjektiv ist, zu beurteilen.
Mein persönliches Anliegen ist es, passende Werkzeuge und Fähigkeiten an verschiedene Gruppen von Menschen zu vermitteln. Denn manchmal braucht es nur wenig Veränderung, um tiefgreifende Veränderungen einzuleiten.
© Brigitte Heusser, 26.05.2024
* von beWEGungsRAUM Brigitte Heusser und ZeBES, Zentrum für Bewegung, Entwicklung und Schlaf